Datum
07.02.2022
Titel
Impfpflicht im Gesundheitswesen. Mit Kanonen auf Spatzen schießen?
Untertitel
Die am 10. Dezember 2021 verabschiedete Impfpflicht im Gesundheitswesen nach § 20a Infektionsschutzgesetz bedeutet für die Gesundheits- und Versorgungseinrichtungen eine erhebliche zusätzliche Belastung und sorgt für mehr Unruhe in der Mitarbeiterschaft als je zuvor in der Pandemie.
Text

Wer hätte gedacht, dass die Nöte und Belastungen in der Pflege noch zu toppen sind. Die Absichten des Gesetzes, die Ausbreitung der COVID19-Pandemie einzudämmen, die Impfbereitschaft zu erhöhen sowie eine verbesserte Sicherheit und Versorgungsstruktur zu gewährleisten, ist durchaus nachvollziehbar und ganz sicher berechtigt. Doch statt ein Mehr an Sicherheit und Struktur zu bringen, führt das Gesetz zu Verunsicherung und einer Vielzahl offener Fragen.

Laut einer nicht repräsentativen Mitgliederbefragung des Bundesverbands Pflegemanagement sind in den meisten Fällen weniger als 5% der Beschäftigten in der Pflege nicht geimpft. Gründe hierfür sind Angst und Unsicherheit, eine Präferenz für einen Tot-Impfstoff wie Novavax, aber auch Ablehnung des ausgeübten Drucks zur Impfung. Laut der befragten Mitglieder besteht durchweg ein enger Austausch mit den Mitarbeiter*innen zu ihren Gründen, die Impfung abzulehnen ebenso wie zu den Argumenten, die für die Notwendigkeit einer Impfung sprechen.

Allein dieses Bemühen und die damit verbundenen vielen Gespräche, welche oftmals auch notwendig sind, um Kündigungen zu verhindern, binden Ressourcen, die in der Patientenversorgung fehlen.

Annett Eggert, Vorsitzende der Landesgruppe Berlin/Brandenburg beschreibt den enormen Druck des zu erwartenden Verlustes der ungeimpften Mitarbeitenden mit den Worten „Laut einer aktuellen Befragung des Krankenhaus Barometers 2021 sind in den Kliniken bundesweit bereits rund 22.300 Pflegestellen unbesetzt. Die berufsbezogene Impfpflicht wird die bereits ohnehin angespannte Personalsituation in den Versorgungseinrichtungen weiter verschärfen. Es werden Pflegefachkräfte die Klinik verlassen, die wir gerade in der jetzigen Situation so dringend für die pflegerische Versorgung der uns anvertrauten Patienten benötigen.“ „Alle skeptischen und ängstlichen Mitarbeiter*innen sollten im Februar die Chance bekommen, sich mit dem neuen Impfstoff impfen zu lassen. Ich sehe darin eine große Chance, noch mehr Pflegekräfte zur Impfung zu motivieren. Eine Verschiebung auf Juni würde den enormen Druck von allen Beteiligten abwenden,“ ergänzt der stellvertretende Vorsitzende der Landesgruppe Christian Matat.

Für den Vorsitzenden des Bundesvorstands Peter Bechtel gilt es, in jeder Hinsicht einen Flickenteppich zu vermeiden. Dies könne nur durch eine bundeseinheitliche, berufsunabhängige Regelung erreicht werden, so Bechtel.